Neulich hat uns unsere Tochter mal wieder gezeigt, was wirklich zählt im Leben, nämlich in aller erster Linie das Leben selbst! Im hektischen Alltag beschweren wir uns oft über Kleinigkeiten, nörgeln über vergebliche Vereinbarkeit, jammern über unsere stressigen Kinder und vergessen dabei ganz oft, wie glücklich wir uns eigentlich schätzen können, sie zu haben. Versteht mich nicht falsch: ich bin die Nörglerin Nummer eins und finde auch, dass es absolut ok ist, sich selbst ein wenig zu bemitleiden. (Alltag mit drei Kindern und Job und Haushalt und alles irgendwie unter einen Hut zu kriegen ist ja nunmal wirklich nicht immer einfach.) Aaaaber man sollte nie die Relation verlieren.
Neulich brachten wir, wie gewohnt, unsere Mädchen ins Bett. Der Junge durfte (als Ältester) noch etwas länger aufbleiben. Wie so oft wurde es nach dem Ins-Bett-Bringen wieder stetig lauter im Kinderzimmer. Plötzlich schrie unsere Kleinste (4) wie am Spieß. Auch das ist bei uns nicht besonders ungewöhnlich, aber Eltern lernen schon von ihren Babys, die unterschiedlichen Schreie einzuordnen – und dieser war definitiv kein harmloser. Schnell war klar, dass etwas passiert sein musste. Westenddad lief ins Kinderzimmer, Emma kam ihm schon entgegen. Sie weinte und schrie und würgte, versuchte immer wieder vergeblich, sich zu übergeben, doch aus ihrem Mund lief nur Speichel, vermischt mit etwas Blut. Ich kam schnell hinzu. Da sie wenigstens atmen konnte, war ich schon etwas beruhigter als der Papa. Sie schaffte, mir zu erklären, dass sie „Geld“ verschluckt hatte. Schnell zogen wir sie an und fuhren in die Notaufnahme. Die gesamte Fahrt über blieb sie ruhig und konzentriert, und als wir ankamen, hörte ich wie ihr Papa mit ihr redete während er ihr aus dem Auto half. Sie fragte ängstlich, ob sie jetzt eine Spritze bekommen würde, er antwortete ihr, dass dies nicht der Fall sein würde, sondern dass der Arzt lediglich ein Foto von ihrem Bauch machen würde, um zu gucken, wo sich das verschluckte Geld befand. Der Gedanke schien ihr auch nicht besonders zu gefallen, und so konzentrierte sie sich, und erbrach eine weitere Menge Speichel. Ich holte schon mal die Küchenrolle aus der Tasche, die ich extra für diesen Fall eingesteckt hatte, als ich plötzlich ein „Kling!“ vernahm. Sie hatte es tatsächlich geschafft, das Geld direkt auf dem Parkplatz vor der Notaufnahme zu erbrechen! Und entgegen meiner Annahme, dass es sich um ein Ein- oder Zwei-Cent-Stück handeln würde (meine Tochter ist gerade vier geworden), kam eine Ein-Euro-Münze zum Vorschein!
Wir hatten so ein Glück! Nicht auszudenken, wenn die Münze statt in die Speise- in die Luftröhre geraten wäre… Der Krankenpfleger am Empfang erklärte uns noch, dass runde Gegenstände das Gefährlichste seien, was man verschlucken kann, da diese schnell die Luftröhre vollständig blockieren können, was logischerweise lebensgefährlich ist. Der zweijährigen Tochter einer Freundin meiner Freundin ist letztes Jahr genau das passiert: sie hat sich beim Abendessen an einem (runden) Würstchenstück verschluckt und ist erstickt, vor den Augen ihrer Mutter und ihres siebenjährigen Bruders. Die Mutter hatte alles menschenmögliche probiert, ihr zu helfen, sogar einen Kinder-Erste-Hilfe-Kurs hatte sie kurz zuvor noch erfolgreich abgeschlossen, doch auch der half nicht, denn, wie die Autopsie ergab, hatte sich das Stück direkt rund in die Luftröhre gesetzt, es gab einfach keine Chance. Das ist so schlimm! So tragisch! Und umso erschreckender, weil es sich um eine so alltägliche Situation handelte: die Familie saß beim Abendessen, keine besonders riskante Situation möchte man meinen. Unsere Mädchen haben gespielt. Den Euro hatte Emma an dem Tag von ihrem Papa bekommen, sie hatte ihn auf den Nachttisch gelegt und aus Befürchtung, ihre Schwester wolle ihn ihr wegnehmen, hatte sie ihn sich in den Mund gesteckt. Dort war er dann eine ganze Weile, bis sie ihn scheinbar reflexartig hinunterschluckte, so wie Kinder aus Versehen mal einen Kaugummi verschlucken.
Zum Glück ist nichts weiter passiert, aber der Vorfall hat uns (vor allem meinen Schatz und mich) in vieler Hinsicht die Augen geöffnet, uns verdeutlicht, wie sehr wir doch das Leben (und das unserer Kinder!) feiern müssen. Wie unwichtig alles andere ist. Wie dankbar wir doch sein können. Es kann sooooo schnell vorbei sein. In der Nacht habe ich mich zum Schlafen ins Bett zwischen meine beiden Mädchen gelegt und weder die Enge noch die Tritte meiner Kleinsten (die sich immer sehr viel bewegt) haben mich gestört. Ich lag einfach da, zwischen meinen Kindern, und habe es genossen, sie atmen zu hören.